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Unter vier Augen mit Peter Tillmanns

Interview mit dem Brander Bezirksbürgermeister

Im schon traditionellen Interview mit Nöits op d’r Brand schaut der Brander Bezirksbürgermeister Peter Tillmanns zurück auf das sich verabschiedende Jahr 2021 und wagt einen Ausblick in das neue Jahr 2022.

Wie würden Sie das Jahr 2021 für den Stadtbezirk Brand bewerten?

Peter Tillmanns: Das ist eine total schwierige Frage. Das Jahr war geprägt davon, in Corona-Zeiten das bestmögliche für Brand herauszuholen. Wir haben gesehen, z.B. bei der Vorstellung der heimatkundlichen Blätter in der Sparkasse in Brand, dass in einigen Bereichen unter Einhaltung der geltenden Hygienevorschriften das normale Leben zurückgekehrt ist. Auf der anderen Seite ist unser Leben weiterhin, vor allem angesichts der steigenden Inzidenzwerte, von Unsicherheit geprägt. Und bei der Bezirksvertretung Brand spielt sich nach der Kommunalwahl die Zusammenarbeit zwischen den Parteien ein.

Im Grunde genommen war das Jahr geprägt von der Frage, wie gehen wir mit der Bebauung in Brand um. Wir haben die Facebook-Diskussionen, z.B. zum Tuchmacher-Viertel, gesehen. Die einen finden es hässlich, die anderen sagen, dass wir in Brand zu wenig Wohnraum haben. Wir erleben es an der Rombachstraße mit den Bartholomäushöfen und mit den neuen Blocks der GeWoGe. Wir befinden uns immer wieder in einem Spagat: Was ist für den Stadtbezirk verträglich und wie kann man Bebauung so gestalten, dass es einfach zu Brand passt? Dann fehlt noch im Dreiklang, dass wir die passende Infrastruktur schaffen müssen wie KITA-Plätze, Schule, Nahversorgung, Ärzte und all das, was dazugehört.

Die Verkehrssituation in Brand ist schwierig, da sind die Bezirksvertretung und auch ich dran. Ich hatte ein Treffen mit berechtigt wütenden Anwohnern der Eilendorfer Straße, die sich über den erheblichen Verkehr und insbesondere den Schwerlastverkehr beschwert haben. Wir haben nach wie vor die Situation, dass sich Menschen leider an Verkehrsschilder oder Vorschriften wenig halten. Das ist ein gesellschaftliches Problem. Wir haben jetzt, das ist ganz frisch, ein Verkehrskonzept auf den Weg gebracht, und müssen die Ergebnisse des Verkehrskonzeptes abwarten. Davon versprechen wir uns Lösungsvorschläge oder Möglichkeiten, wie wir den Verkehr in Brand besser lenken können. Das Ganze geht nur mit Bürgerbeteiligung. Die Bezirksvertretung und ich machen keine Politik von oben herab und alle andern müssen mitlaufen, bei uns wird Bürgerbeteiligung großgeschrieben.

Die Bürgerbeteiligung ist ein Pfund, mit dem Brand wuchern kann.

Peter Tillmanns: Genauso ist das! Da sind wir im Stadtbezirk wirklich gut aufgestellt. Eines muss man sich klar machen: Man wird es nie allen recht machen können und Politik hat die Aufgabe, manchmal auch Gräben zu überwinden. Das sieht man an den gesamtstädtischen Bürgerinitiativen, die es gibt, wie z.B. Lütticher Straße und Vaalser Straße. In Brand haben wir konträre Diskussionen. Ich denke an die neue Fahrradstraße am Markt, aber ich glaube, wir bekommen da eine gute Lösung hin. Es funktioniert alles gut, wenn gut gemeinsam aufeinander aufgepasst wird. Mein Leitsatz ist ja seit jeher: „Gemeinsam geht es besser!“ Es geht nur, wenn wir gemeinsam an einem Strang ziehen und das ist genau das, was wir seit Jahrzehnten mit dem „Wir-Gefühl“ in Brand haben und schätzen.

Zurück zur Wohnbebauung in Brand. Ja, wir brauchen in der grünen Lunge Brand Wohnbebauung, aber so langsam sieht man, wie Brand wegen der Bebauung sein Grün verliert.

Peter Tillmanns: In dieser Aussage steckt einiges an Wahrheit. Ich möchte aber anders anfangen. Wir werden diese grüne Oase bleiben. Das Entscheidende ist zunächst einmal, dass wir im Außenbereich von Brand nicht bauen. Wir sind umgeben von Grün mit dem Indetal und dem Rollefbachtal, wir haben die Vennbahn, die den Stadtbezirk mit dem Brander Wald abschließt. Diese Oasen werden bleiben. Im inneren Bereich Brands wird es deutlich enger. Da kommt noch die Karl-Kuck-Straße mit dem ehemaligen Sportplatz von Borussia Brand dazu. Wir sehen es an der Rombacher Straße und Niederforstbacher Straße. Bei der berechtigten oder unberechtigten Kritik am Tuchmacher-Viertel darf man nicht vergessen, dass vorher dort eine unwirkliche Industriebrache war. Mir persönlich ist eine Wohnbebauung dort und eine neue Durchmischung des Stadtbezirks lieber als eine alte Fabrik. Brand ist ein total beliebter Stadtbezirk und wir müssen schauen, wo wir Wohnraum schaffen können. Irgendwann läuft auch ein Stadtbezirk voll und vieles von dem, was derzeit in Brand passiert, können wir politisch nicht verhindern, was mich ärgert. Ein Beispiel in der Niederforstbacher Straße: Da, wo früher Einfamilienhäuser standen, werden an gleicher Stelle Mehrfamilienhäuser gebaut. Das Einfamilienhaus fällt und da wo früher eine Familie wohnte, sind es jetzt sechs Familien. Das ist aber genehmigungsfähig. Die Vielzahl der kleinen Bebauungen machen mir Sorgen. Beim Tuchmacher-Viertel findet der Aachener Baulandbeschluss Anwendung, wir haben dort vierzig Prozent öffentlich geförderten, also bezahlbaren, Wohnraum.

Wie wirken sich die aktuell steigenden Inzidenzwerte auf Brand aus?

Peter Tillmanns: Große Sorgen machen mir die kommenden Veranstaltungen und das ist ausschließlich von Corona geprägt. Wir haben schon jetzt aus Gründen der Vorsicht den Neujahrsempfang 2022 abgesagt, weil wir unsicher sind und ihn nicht in der gewohnten Form durchführen können. Mir macht Karneval Sorge. Ich bin froh, dass wir einen Betreiber für das Karnevalszelt gefunden haben, aber bei den jetzigen Zahlen herrscht natürlich auch da eine große Unsicherheit. So haben die Prinzengarde „Brander Stiere“ ihr Ordensfest und die Erste Große Brander KG die Proklamation des Brander Kinderprinzenpaares abgesagt. Ich habe die Angst, dass bei den Sitzungen das überwiegend ältere Publikum fernbleibt. Ich bin noch guten Mutes, dass wir in Brand Karneval feiern werden, aber beim Blick auf die aktuellen Zahlen geht die Tendenz in eine andere Richtung. Ich hätte gerne eine Kristallkugel, weil ich die Sicherheit haben möchte für die Karnevalsveranstaltungen und den Karnevalsumzug, aber genauso für die Schulveranstaltungen, Weihnachtsfeiern etc. Für mich gibt es nur einen Weg aus dieser unbefriedigenden Situation: impfen, impfen, impfen!

Ein Dauerthema ist und bleibt der Einzelhandel in Brand. Wie schätzen Sie die aktuelle Entwicklung ein?

Peter Tillmanns: Ich bin mit der Entwicklung des Brander Einzelhandels sehr zufrieden. In Brand haben sich auf der Trierer Straße neue Geschäfte angesiedelt. Ich habe die Hoffnung, dass wir bald – nach Corona – über die IG Brand eine weitere Belebung des Brander Einzelhandels erfahren. Die IG ist bemüht. So sollte in diesem Jahr auf dem Brander Marktplatz an zwei Wochenenden ein Weihnachtsmarkt stattfinden, aber aufgrund der vierten Corona-Welle musste der Gedanke zunächst fallengelassen werden. Ich finde schon, dass wir stolz sein können auf unsere inhabergeführten Einzelhandelsgeschäfte und ich kann die Menschen nur aufrufen, kauft in Brand, gerade jetzt in der Weihnachtszeit.

Wie sieht Ihre Agenda für das Jahr 2022 aus?

Peter Tillmanns: Es gibt drei große Themen für Brand. Erstens das schon angesprochene Verkehrskonzept. Dabei muss man erwähnen, dass erst einmal gearbeitet werden muss – mit Bürgerbeteiligung, der Verkehrswelt, um Lösungen zu finden. Das wird frühestens Ende 2022 in die Bezirksvertretung kommen. Bebauung und Verkehr wird uns im kommenden Jahr und den kommenden Jahren politisch stark beanspruchen und begleiten. Zweites Thema ist die alte Turnhalle an der Marktschule, die im Oktober fertiggestellt wird und wo wir uns Gedanken über die Ausstattung machen müssen und wie wir nach Corona mit der neuen Veranstaltungsfläche für Brand umgehen. Drittes Thema ist die Fertigstellung des Neubaus der Mensa der Offenen Ganztagsschule Brander Feld mit dem „jub“. Da müssen wir drauf achten, dass wir auch das „jub“ vernünftig ausstatten, damit dort Jugendarbeit für die Zukunft unseres Stadtbezirks gut funktioniert.

Was wünschen Sie sich für sich selber 2022?

Peter Tillmanns: Ich wünsche mir für mich selber und für unseren Stadtbezirk, dass sich unser Leben wieder normalisiert und sich die Brander*innen wieder so begegnen können, wie wir es mit unserem Brander „Wir-Gefühl“ letztendlich brauchen. Ich denke an das nachzuholende Jubiläum des Bürgervereins, an Feste auf dem Marktplatz, aber ich denke auch an den normalen Schulbetrieb und an den Weihnachtsbasar des Marienheims. Einfach an Begegnungen zwischen uns Branderinnen und Brandern, damit aus Distanz wieder Nähe wird.

Das Interview führte Gerd Simons.

Foto: Wolfgang Sanders