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Vür sönd allemoele Öcher Jonge – seit 50 Jahren

Im Dezember 1971 verabschiedete der Düsseldorfer Landtag das Aachen-Gesetz. Ab dem 1. Januar 1972 verloren dadurch die ehemaligen Gemeinden Walheim, Kornelimünster, Brand, Eilendorf, Haaren, Laurensberg und Richterich ihre Eigenständigkeit und wurden Stadtbezirke der Stadt Aachen.

Der Widerstand gegen die Eingliederung nach Aachen und teilweise nach Stolberg war, damals vor 50 Jahren, sehr groß, weil die Gemeinden ihre Eigenständigkeit behalten wollten. Im Aachener Süden wurde der Kampf am leidenschaftlichsten geführt. Die Gemeinden Walheim und Kornelimünster strebten zusammen mit der Gemeinde Roetgen, als Alternative, eine gemeinsame Großgemeinde an. Als dieser Vorschlag im Landtag scheiterte, klagte die Gemeinde Walheim vor dem Landesverfassungsgericht. Die Verfassungsklage lehnte das Verfassungsgericht am 4. August 1972 ab und die Südgemeinden gehörten auch endgültig zur Stadt Aachen.

Franz Alt (90), Urgestein der Aachener SPD, war damals seit 1964 Mitglied des Walheimer Gemeinderates und danach von 1972 bis 1989 Mitglied des Rates der Stadt Aachen. Seine Erinnerungen an diese Zeit sind in der Ausstellung „ALLE FÜR EINE?“, die noch bis zum 14.08.2022 im Centre Charlemagne (centre-charlemagne.eu) zu besuchen ist, in einem Video zu sehen.

Auszüge aus diesem zeitgeschichtlichen Dokument veröffentlichen wir hier mit Zustimmung der Ausstellungsleitung und natürlich auch von Franz Alt.

„Ich war somit kommunalpolitisch engagiert und bin 1964 in den Gemeinderat der Gemeinde Walheim gewählt worden. Wir hatten schon eine sehr aufstrebende Gemeinde. Der Gemeinde Walheim gehörten viele einzelne Ortschaften an. Das waren Walheim, Friesenrath, Hahn, Schleckheim, Nütheim, Oberforstbach und Eich (Anmerkung der Redaktion: Sief und Lichtenbusch gehörten schon damals zur Stadt Aachen). Wir wollten auch selbstständig bleiben weil wir annahmen, dass das für unseren Bezirk und unsere Bevölkerung besser war.

Ja und wir glaubten, dass dadurch, dass die Firma Schumag in den sechziger Jahren hierher zog, wäre das für die Gemeinde Walheim von sehr großer Wichtigkeit. Die Gemeinde hatte dann auch sehr viel aus ihren bescheidenen Mitteln, natürlich mit Kreditaufnahmen, investiert. Wir nahmen an, dass es für uns besser sei, selbstständig zu bleiben.

Die Bevölkerungszahl gab das so ohne Weiteres zwar gar nicht her und deshalb hatten wir (die Gemeinden Walheim und Kornelimünster) uns mit der Gemeinde Roetgen ins Benehmen gesetzt, um eine gemeinsame Großgemeinde anzustreben.

Der Gemeinderat und die Gemeindeverwaltung fühlten sich sicher, weil die Bevölkerung dahinter stand. Sie sagten: „Wir wollen nicht das Sibirien von Aachen werden.“ Ich will damit zum Ausdruck bringen, wie emotionsgeladen es damals war. Es gab Versammlungen vor den endgültigen Entscheidungen, wo keine Turnhalle groß genug war. Sie glauben ja gar nicht, was da los war.

Die Landtagsentscheidung ist dann leider anders ausgefallen. Ja und das konnten und wollten wir nicht so ohne Weiteres hinnehmen. Ja es gab auch Argumente und Ansätze für unsere Auffassung. Die Art der Argumentation für die Eingliederung war nach unserer Meinung nicht korrekt und deshalb haben wir eine Klage beim Landesverfassungsgericht eingereicht, der sich die Gemeinde Kornelimünster damals leider nicht anschloss.

Die Klage ist aber abgewiesen worden.

Als die Entscheidung dann letztendlich gefallen war, besuchte ich mit meiner Familie meine Mutter, die in Burtscheid wohnte. Man wusste um die Auseinandersetzung zur kommunalen Neugliederung. Als wir dann zur Tür hereinkamen, sangen alle „Vür sönd allemoele Öcher Jonge“.

Nach der Neugliederung habe ich dann als Ratsherr den Stadtbezirk Kornelimünster/Walheim im Rat der Stadt Aachen vertreten. Wir wurden in der ersten Zeit schon etwas kritisch beäugt, weil wir ja gegen die Eingliederung geklagt hatten. Es dauerte jedoch nicht lange, bis allgemein anerkannt wurde, dass wir als Neubürger auch für das Allgemeinwohl arbeiteten. Ich wollte für die Gesamtstadt und meinen Stadtbezirk das Beste und habe mich entsprechend eingesetzt.

Ja und wenn wir zur Stadt wollen, um Einkäufe oder andere Dinge zu erledigen, dann sagen wir nicht „wir fahren in die Stadt“, sondern wir sagen „wir fahren nach Aachen“.“

Alles in allem, so Franz Alt im Gepräch mit unserem Magazin, hat sich der Stadtbezirk Kornelimünster/Walheim in den letzten 50 Jahren gut entwickelt. Ob die damals angestrebte Großgemeinde die bessere Lösung gewesen wäre, könne er letztendlich nicht beurteilen. Auf jeden Fall hat er manchmal schon das subjektive Gefühl, dass zwischen Altstadt und den Stadtbezirken die Gewichtung doch nicht so ganz austariert sei. Ja und wenn er heute, außerhalb der Stadtgrenzen, nach seinem Wohnort gefragt würde, dann sei die Antwort natürlich „aus der alten Kaiserstadt Aachen“.

Red.