Für Dr. Andreas Möhlig, Pfarrer in der katholischen Pfarrgemeinde St. Kornelius in Kornelimünster und Leiter der Gemeinschaft der Gemeinden (GdG) Himmelsleiter, ist es die erste Heiligtumsfahrt als Verantwortlicher. Dr. Andreas Möhlig, der seit September 2019 in der GdG Kornelimünster/Roetgen eingesetzt ist, wurde mit Wirkung zum 1. Mai zum Propst und Pfarrer in der GdG Himmelsleiter ernannt. Nöits op d’r Brand sprach mit ihm über die Heiligtumsfahrt in Kornelimünster und über den Stand der Sanierungsarbeiten in der Propsteikirche nach der Hochwasserkatastrophe im Juli 2021.
Herzlichen Glückwunsch zur Ernennung zum Propst durch Bischof Dr. Helmut Dieser. Was verändert sich jetzt durch den Ehrentitel?
Dr. Andreas Möhlig: Tatsächlich nichts. Die Aufgaben sind dieselben geblieben. Vor fast zwei Jahren habe ich die Pfarradministration von neun Pfarren in der GdG Himmelsleiter übernommen und mit der Ernennung zum Pfarrer ändert sich in den Aufgaben nichts. Das Amt des Pfarrers ist ein Beständiges im Gegensatz zum Pfarradministrator, der übergangsweise eingesetzt wird, und der Bischof hat entschieden, dass es bei allen Veränderungen, die wir derzeit in der Kirche erleben, in der GdG Himmelsleiter für die nächsten Jahre einen beständigen Pfarrer geben soll.
Sie leiten mit der GdG Himmelsleiter neun Pfarrgemeinden. Ist das nicht ein bisschen viel Verantwortung auf den Schultern eines einzelnen Pfarrers?
Dr. Andreas Möhlig: Wenn man es so versteht, wie es früher gedacht wurde, dann stellt das eine Überforderung dar. Wir befinden uns gerade im Umbruch und müssen schauen, wie eine Aufgabe als Leiter bzw. Vorsitzender von Kirchenvorständen nochmal neu gedacht werden kann und die Aufgaben auf mehreren Schultern verteilt werden. Nicht nur auf Hauptamtliche, sondern auch auf Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler.
Vor Ihnen und der Propsteikirche liegt die Heiligtumsfahrt, die vom 10. bis 18. Juni und vom 10. bis 17. September (Kornelioktav) stattfindet.
Dr. Andreas Möhlig: Ich freue mich sehr darauf. Es ist für uns ein großes Ereignis. Ich merke, dass auch bei mir da viel zusammenkommt. Einmal bin ich von Hause aus Kirchenhistoriker und darf an einem Ort wie Kornelimünster sein, der historisch sehr bedeutungsvoll war und immer noch ist. Die andere Seite ist, dass ich als Priester gerne Gottesdienste feiere und Liturgien gestalte. Ich freue mich sehr darauf, dass die Heiligtumsfahrt endlich stattfindet. Ich habe schon zwei Mal die Kornelioktav erlebt und konnte mich an die Rolle des Wallfahrtsleiters heranwagen und mit Mitarbeiter*innen gute Vorarbeit für die bevorstehende Heiligtumsfahrt in Kornelimünster leisten.
Heiligtumsfahrten haben eine lange Tradition. Denken Sie, dass der Kern eines solchen kirchlichen Höhepunkts noch aktuell und Heiligtumsfahrten noch zeitgemäß sind?
Dr. Andreas Möhlig: Davon bin ich überzeugt. Wichtig ist, die alte Botschaft und Tradition ins Heute zu übersetzten, also nicht nur ein historisches Schauspiel abzuliefern – das wäre falsch und würde nicht in die heutige Zeit passen. Wichtig ist, das in die heutige Zeit zu übertragen. Wenn ich, ganz konkret gesagt, auf das Tuch schaue, das in Kornelimünster als Schürztuch Jesu verehrt wird, mit dem Jesu seinen Jüngern die Füße abgetrocknet hat, dann steht doch dahinter für 2023 die Frage „Wo kann ich heute anderen Menschen dienen, so wie Jesus gedient hat?“ Wie können wir als Kirche wieder mehr eine dienende Kirche sein? Wenn man sie so herum stellt, sind das Fragen, die sehr aktuell sind. Dann ist auch die Heiligtumsfahrt im Jahr 2023 an der richtigen Stelle.
Die Propsteikirche besitzt mit dem Schürztuch, dem Grabtuch und dem Schweißtuch Jesu drei Tuchreliquien. Was antworten Sie auf die Frage „Sind die echt?“
Dr. Andreas Möhlig: (lacht) Die Frage kommt natürlich häufiger. Was heißt echt? Sind sie nur „echt“, wenn sie den Leib Jesu wirklich berührt haben? Oder heißt es, dass es Stoffe sind, die aus dieser Zeit und dieser Region stammen? Ob die Stoffreliquien wirklich mit Jesus in Berührung gekommen sind, ist heute nicht mehr nachzuweisen. Wenn Menschen aus so vielen Generationen nach Kornelimünster kommen, durch diese Tücher weiter und tiefer schauen, dann haben diese Tücher eine andere Bedeutung für die Gläubigen als die Frage nach der Echtheit. Es sind für viele Menschen Erinnerungsstücke an Jesus, der aufgerufen hat, einander zu dienen, der gestorben und auferstanden ist.
Was wünschen Sie sich für die Heiligtumsfahrt 2023 in Kornelimünster?
Dr. Andreas Möhlig: Dass wir hier viele Gäste begrüßen dürfen, die für sich eine Antwort gefunden haben auf die Frage von Jesus, die in diesem Jahr unser Wallfahrtsleitwort ist: „Für wen haltet ihr mich?“ Wenn Menschen wirklich merken, in der Begegnung miteinander in der Gemeinschaft aber auch in der Begegnung mit Jesus Christus haben wir Antworten gefunden. Das wäre für mich wichtig. Ebenfalls, dass ich mit vielen Menschen ins Gespräch komme und nicht nur in der Organisation unterwegs bin.
Ein weiteres großes Ereignis ist die Eröffnungsvesper durch Aachens Bischof Dr. Helmut Dieser, mit der die Propsteikirche nach der Flutkatastrophe im Juli 2021 nach der Sanierung wieder für die Gläubigen geöffnet wird.
Dr. Andreas Möhlig: Es war ein großer Schock im Juli 2021, als nach dem großen Hochwasser die Propsteikirche nicht nutzbar war. Wir haben das Glück gehabt, dass wir mit der Bergkirche in Kornelimünster eine Alternative für die Gottesdienste haben. Trotzdem freuen sich viele Menschen, wieder zurück zu kehren in die Propsteikirche St. Kornelius. Es ist wie ein „nach Hause kommen“ und das ist auch für mich ein bewegender Moment, wieder regelmäßig in der Probsteikirche die Gottesdienste feiern zu können.
Konnten viele Schäden in und an der Kirche beseitigt werden?
Dr. Andreas Möhlig: Wir haben ja, Gott sei Dank, durch das engagierte Tun der Freiwilligen Feuerwehr hier in Kornelimünster die Möglichkeit gehabt, viele Dinge rechtzeitig aus der Kirche in Sicherheit zu bringen. Natürlich haben wir Bauschäden, die überwiegend beseitigt werden konnten. Bis zur Eröffnungsvesper am 10. Juni werden die Arbeiten wahrscheinlich nicht abgeschlossen sein. Es gibt Hinweise von Restauratoren, dass manche Wände noch fünf bis sechs Jahre trocknen müssen, bevor man wieder Farbe auftragen oder Einrichtungsgegenstände davorstellen kann.
Das Interview führte Gerd Simons.
Bilder: GdG Himmelsleiter