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75 Jahre Marienheim Brand

Das Brander Marienheim könnte in diesem Jahr schon sein 85-jähriges Bestehen feiern. Jedoch verhinderten die Ereignisse im Jahre 1936 die Inbetriebnahme des damaligen ‚Klösterchens‘ in der Ringstraße 114 als Heim für alte und pflegebedürftige Damen. Anstelle der Aufnahme älterer Menschen wurde das Gebäude seinerzeit zweckentfremdet und für die Westwallarbeiter beschlagnahmt. Erst nach Beendigung des zweiten Weltkrieges im Jahre 1946 konnten dann der eigentlich geplante Betrieb unter Leitung der Armen-Schwestern vom hl. Franziskus (Schervierschwestern) starten und die ersten Heimbewohnerinnen aufgenommen werden.
Auf mittlerweile 75 Jahre Dienst für die Senioren aus Brand kann nun das Marienheim zurückschauen. Ein Dreiviertel- Jahrhundert, das geprägt war von einer rasanten Wandlung der demografischen und familiären Strukturen. Zuvor war die häusliche Pflege noch der Regelfall und wurde durch die häusliche Krankenpflege der Ordensschwestern unterstützt. Nun wurde es mehr und mehr erforderlich, die älteren Menschen in professionell geführten Einrichtungen zu pflegen und zu betreuen.
Anfang der 1990er Jahre plante und realisierte die Pfarrgemeinde St. Donatus einen durchgängig behindertengerechten, attraktiven und zeitgemäßen Neubau des Heims. Nicht zuletzt seit der Einführung der Pflegeversicherung im Jahre 1995 wurden die Heime, die zuvor die älteren Menschen aus sozialen Indikationen aufnahmen, schwerpunktmäßig zu Pflegeeinrichtungen, oftmals für die Betreuung der stark steigenden Anzahl an Demenzpatienten. Das Marienheim, das unter dem Leitwort „Wir pflegen Familie“ arbeitet, versorgt, betreut und pflegt in erster Linie Menschen aus dem Stadtteil Brand und der näheren Umgebung. Dabei steht aber auch oftmals das ganze familiäre Umfeld im Fokus, welches die Pflege mitträgt. Auch ihnen gilt im Pflegeprozess die Aufmerksamkeit durch intensive Begleitung.

„Das Marienheim ist fester Bestandteil nicht nur des Stadtteils Aachen-Brand, sondern auch der Pfarrgemeinde St. Donatus. Der Brander kennt „sein“ Marienheim…“

Bischof Dr. Helmut Dieser

Betreut und versorgt werden die 72 Bewohner/innen von über 100 hauptamtlichen und 40 ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen. Somit ist das Marienheim einer der größten Arbeitgeber des Stadtteils Brand.
2006 konnte der Erinnerungs- und Sinnesgarten dank öffentlicher Förderung geschaffen und eingeweiht werden. 2012 wurde die Trägerschaft von der Pfarrgemeinde St. Donatus auf die neu gegründete gemeinnützige Katholische Stiftung Marienheim Aachen-Brand übertragen. Unter diesem Dach wurde auch das inzwischen bundesweit arbeitende Sozialunternehmen „Generationsbrücke Deutschland“ gegründet. Vor gut fünf Jahren wurde auch die Tagespflege errichtet und eröffnet, die inzwischen Raum für 23 pflege- und betreuungsbedürftige Menschen bietet.
In seinem Grußwort zum 75-jährigen Jubiläum schreibt der Bischof von Aachen Dr. Helmut Dieser: „Das Marienheim ist fester Bestandteil nicht nur des Stadtteils Aachen-Brand, sondern auch der Pfarrgemeinde St. Donatus. Der Brander kennt „sein“ Marienheim und deshalb können sich viele in Brand lebende Menschen vorstellen, dort den Lebensabend zu verbringen.“
Das Marienheim lebt einerseits aus seiner Geschichte, die in Brand im Jahre 1904 mit der ersten Niederlassungsgründung vor Ort begann und schaut andererseits in eine spannende Zukunft in einer von Wettbewerb, stetigem Wandel und Innovationen geprägten Pflegelandschaft.

Interview mit Horst Krumbach

Seit 75 Jahren ist das Marienheim Aachen-Brand eine wichtige Säule und ein Fels in der Brandung in der Pflege und Unterbringung von Brander Senioren*innen. Weiterhin ist es die Keimzelle und der Sitz der Generationsbrücke Deutschland (GDB). Von hier aus setzte sie zu ihrem beispiellosen Siegeszug an. Nöits op d’r Brand sprach zum Jubiläum mit Horst Krumbach, Geschäftsführer des Marienheims und Vorstandvorsitzender der Katholischen Stiftung Marienheim Aachen-Brand und gleichzeitig Vorstand der Generationsbrücke Deutschland.

Was ist das Marienheim aus Ihrer Sicht?

Horst Krumbach: Das Marienheim ist mit seinen 75 Jahren nicht nur eines der ältesten Altenpflegeheime in Deutschland, sondern vor allen Dingen zeichnet es sich ganz besonders durch seinen großen lokalen Bezug aus. Das Brander Marienheim ist in meinen Augen immer und bis heute ein Stück Brand gewesen. Es befindet sich neben der Kirche St. Donatus im geographischen Mittelpunkt und es gehört einfach in das Herz von Brand mit hinein. Vielleicht ist das Bild gut, weil in einem Heim, nicht nur im Marienheim, wird mit viel Herz gearbeitet.

Weil es in einer katholischen Trägerschaft steht, geht man davon aus, dass mit besonders viel Herz gearbeitet wird.

Horst Krumbach: Aus Sicht eines Katholiken ist es lobenswert, dass Sie das katholische Heim mit besonders viel Herz in Verbindung bringen, aber generell würde ich sagen: Wer sich in der heutigen Zeit entscheidet, in einem solchen Beruf in einem Drei-Schicht-Betrieb zu arbeiten, wo hohe körperliche und seelische Anforderungen gestellt werden, der ist sowieso ein Mensch, der das Herz am rechten Fleck hat. Und deshalb haben wir bei uns im Heim, wie auch in jedem anderen Heim, viele Menschen mit dem Herz am rechten Fleck, die sich zur Aufgabe gemacht haben, im zu Hause der Menschen, die wir betreuen, ihren Lebensabend vielleicht nicht immer zu verschönern, aber dazu beizutragen, dass es diesen Menschen in der letzten Lebensphase gut geht.

Wie ist denn die Resonanz der Bewohner*innen auf die tägliche Arbeit der Mitarbeiter?

Horst Krumbach: Dazu muss man sagen: Zwei Drittel bis zu drei Viertel der Menschen, die im Marienheim leben, sind mehr oder minder stark demenziell verändert, d.h. es kann nicht jeder zum Ausdruck bringen, was er sieht und fühlt, wobei man Gefühle auch nonverbal rüberbringen kann. Es gibt sicherlich auch hier Menschen, die gegenüber den Mitarbeiterinnen mit Dank erfüllt sind. Realistisch gesehen: Wer in einem Heim lebt, ist ja nicht dort, weil er sich das ausgesucht hat, sondern weil die Lebensumstände so geworden sind, dass sie/er keine Alternative mehr dazu hat. Von daher wäre es sicherlich falsch zu sagen, die Bewohnerinnen sind alle mit Glück und Freunde erfüllt, weil sie gut versorgt werden. Das entspricht nicht der Realität. Sie sind erstmal auch zum größeren Teil darüber traurig und einsamer als sie es vielleicht früher waren. Manche aber auch nicht, weil sie hier umgeben sind von anderen Menschen. Ich würde es mal so zusammenfassen, und das beobachte ich in meinen bisher 25 Jahren, die ich schon hier bin: Ein Drittel der Menschen in einem Pflegeheim fühlen sich ein Stück weit dahin abgeschoben, ein Drittel akzeptiert es und lässt sich auf sein Schicksal ein und für ein Drittel ist es tatsächlich ein Zuhause geworden, wo man auch schätzt und dankbar ist, dass es mehr Ansprache, Fürsorge und Umsorge gibt, als sie es zuvor in ihrer alten Wohnung hatten.

Was macht den Unterschied zwischen dem Marienheim und einem anderen Pflegeheim?

Horst Krumbach: Für mich ist der große Unterschied, dass wir hier wirklich sehr stark bemüht sind, mit Herz zu pflegen und dass wir einen starken lokalen Bezug haben. Neunzig Prozent unserer Bewohnerinnen sind entweder aus Brand oder die Angehörigen sind es. Und 90 Prozent der Mitarbeiterinnen sind aus Brand. Und dann weht natürlich hier auch der katholische oder kirchliche Geist durch. Das merkt man daran, dass wir auch tatsächlich als Arbeitgeber bemüht sind, christlich zu agieren und nicht, wie es bei privaten Trägern sein kann, andere Prioritäten setzen.

Hinzu kommt noch die Generationsbrücke Deutschland, die im Marienheim als Generationsbrücke Brand geboren wurde.

Horst Krumbach: Die Generationsbrücke ist natürlich etwas, was das Leben hier sehr stark verändert hat. Auch mein Persönliches sehr stark geprägt hat. Hier ist, wie Sie zurecht sagen, der Geburtsort und der heutige Sitz der Generationsbrücke, die eine deutschlandweite nationale Organisation geworden ist. Wir sehen die Generationsbrücke stark mit dem Marienheim verbunden. Hier fanden die ersten Begegnungen statt, hier ist heute noch unsere Ideenschmiede und hier werden die Bewohner*innen sicher ein Stück intensiver betreut, weil wir hier auch schauen, was weiter machbar ist. Die Generationsbrücke ist ein wichtiger Baustein unserer Stiftung geworden.

Fassen Sie bitte aus Ihrer Sicht die ersten 75 Jahre Marienheim zusammen.

Horst Krumbach: Am einfachsten fällt mir das letzte Dritte der 75 Jahre zusammenzufassen, weil ich sie persönlich mit begleitet habe. In dieser Zeit hat sich bei uns sehr viel gewandelt. Es haben sich generell die Rahmenbedingungen in Deutschland gewandelt. 1996, in dem Jahr als auch ich hier begann, wurde die Pflegeversicherung eingeführt, die alles ein Stück weit verändert hat. Im Großen und Ganzen zum Guten, aber nicht nur zum Guten, denn plötzlich waren Altenpflegeheime nur noch für pflegebedürftige Menschen da. Einige Menschen, die vorher ohne Pflegebedürftigkeit in Altenheimen lebten, fielen ein Stück weit durchs Raster. In den letzten 25 Jahren hat sich für unsere Bewohner*innen sehr positiv verändert, dass wir unseren wunderschönen Garten bekommen haben, der natürlich echte Lebensqualität bedeutet. Wir haben die Generationsbrücke gegründet und wir haben vor ein paar Jahren die Tagespflege eingeführt. Heute auch eine ganz wichtige Stütze und Ergänzung unseres Angebotes, das ganz stark nachgefragt wird.

Und vor allem haben wir auch organisatorisch einiges verändert. Das Heim war vormals in Trägerschaft der katholischen Kirchengemeinde und wir haben es überführt in die Kath. Stiftung Marienheim Aachen-Brand. Nicht etwa, um es der Kirchengemeinde wegzunehmen, sondern um es als katholische Einrichtung langfristig zukunftssicher zu machen in einer Rechtsform, die mehr Sicherheit bringt. Danehmen haben wir eine Million Euro in den Brandschutz investiert. Ausgelöst durch den Flughafen-Brand in Düsseldorf hat man ganz neue Erkenntnisse bekommen und der ganze Prozess des Brandschutzes hat uns 15 Jahre begleitet. Und heute leben unsere Bewohner*innen in einer gebäudesicheren Atmosphäre.

Red.
Foto: Privat