Ein kurzer Rückblick: Wie hat sich Brand im letzten Jahr entwickelt? Welche Projekte konnte abgeschlossen bzw. gestartet werden?
P. Tillmanns: Brand entwickelt sich weiter sehr schnell, dies macht einigen sicherlich Angst, die ich nachvollziehen kann. Veränderungen bedeuten immer das Einstellen auf das Neue und vielleicht auch eine gewisse Unsicherheit. Unser Stadtbezirk hat die 18.000er Marke an Einwohnern geknackt, wir wachsen weiter. Abschließen konnten wir den Umbau der Aula Marktschule zur Veranstaltungshalle. Eröffnet wurde durch den Verein „Inklusives Wohnen“ im Dezember 2023 ein einzigartiges Wohnprojekt für schwer mehrfach behinderte Menschen. Das ist neben dem Heinrich-Sommer-Haus gelebte Inklusion in Brand. Der Sportplatz Karl-Kuck-Str. wurde abgerissen, hier werden in diesem Jahr, so hoffe ich, die nächsten Schritte zur Entwicklung der Bebauung gemacht.
Das Verkehrskonzept wurde fertiggestellt und in der Bezirksvertretung beraten. Hier gilt es, nach dem Studium des 450 Seiten Mammutwerks Rückschlüsse zu ziehen und dies mit Anträgen zu begleiten. Auch das sicherlich eine Herausforderung. Der Stadtbezirk hat nach der Pandemie wieder ins „Leben“ zurückgefunden, mit Weinfest, Weihnachtsmarkt, Biergarten und vielem mehr wurden wieder Veranstaltungen durchgeführt, auch der Besuch der Kirmes war überaus gut, die Brander hatten etwas nachzuholen. Hieran wollen wir weiterarbeiten.
Auch der Landschaftsplan kommt ins Rollen: Welche Gebiete weisen wir als Natur- oder Landschaftsschutzgebiet aus? Wie gehen wir mit den Grenzen um, wo ziehen wir sie? Welche Bedeutung hat das für unsere Landwirte in Brand? Wo sind schützenswerte Landschaftsbestandteile? Wie wollen wir unser Brand entwickeln? Alles Fragen, die sich schon in den letzten Jahren wie ein „roter Faden“ durch die politische Arbeit gezogen haben.
Entscheidend wird sein, hier eine gute Mischung zu finden, dem Landschafts- und Naturschutz sein Recht einzuräumen.
Dafür brauchen wir aber auch die Bürgerinnen und Bürger. Kommen Sie mit uns ins Gespräch, lassen Sie uns gemeinsam denken und überlegen. Es gilt nicht zuletzt, Brand auch für die kommenden Generationen erlebbar zu machen.
In der Aachener Innenstadt ist die Situation des Einzelhandels problematisch. Wie sieht die Situation im Stadtteil Brand aus?
P. Tillmanns: Eigentlich bin ich hier zumindest nicht unzufrieden. Natürlich hat sich insbesondere die Trierer Straße in den letzten, ja Jahrzehnten, geändert. Momentan haben wir aber zumindest kein großes „Geschäftesterben“ mehr, selbst ein Nachfolger für „Jäschke Moden“ wurde gefunden, wieder ein inhabergeführtes Modegeschäft ab März 2024. Allgemein setzt sich aber leider der Trend fort, dass Geschäftsräume in Büroräume umgewandelt werden, damit schrumpft dann auch der Brander Einzelhandel. Lobend möchte ich unsere IG erwähnen, die wirklich alles versucht, Kaufkraft in Brand zu halten und sehr für ihre Mitglieder kämpft. Ich habe den Eindruck, dass zumindest das Geschäftesterben nicht zunimmt. Mehr geht aber immer, es bleibt schwierig. Das Einzelhandelsangebot und Versorgungsangebot ist in Brand aber noch gut!
Was alle umtreibt: Die Sperrung der A544 und die Verkehrssituation insgesamt. Was kommt in Sachen Verkehr auf den Stadtteil Brand zu bzw. wie wird sich Mobilität im Stadtteil Brand in Zukunft entwickeln?
P. Tillmanns: Ich persönlich glaube, dass wir in Sachen Sperrung A544 mit einem „blauen Auge“ davonkommen werden. So zumindest die Berechnungen der Fachleute. Ja, der Verkehr wird zunehmen, ja, es wird auch zu Spitzenzeiten sicherlich Überlastungen insbesondere im Bereich der Autobahnauffahrt und Debyestraße sowie Trierer Straße geben, aber ehrlich gesagt sind wir Brander das schon jetzt seit langem gewohnt. Haaren und andere Bereiche sind viel stärker betroffen. Ich hoffe, dass es „passt“, die Ampelschaltungen wurden bereits optimiert, jetzt kann man nur hoffen und, ja, auch bangen. Ich hoffe hier auf das rheinische Grundgesetz „et hätt noch immer jot jejange“. Allgemein wird und muss sich Verkehr hier in Brand verändern. Das Thema Verkehr und Infrastruktur, gepaart mit E-Mobilität wird eine der großen Herausforderungen in den nächsten Jahren sein. Und das nicht nur im Interesse der Umwelt, sondern vor allem im Interesse der Menschen. Entscheidend dürfte sein, Mut zu haben, Dinge auszuprobieren, wohlwissend, dass wir Brander keine Versuchskaninchen sind, aber manchmal geht es nicht anders. In diesem Zusammenhang möchte ich auch das Format „Brand spricht“ in unserem Pfarrzentrum erwähnen, dort wurde das Verkehrskonzept in einigen Punkten besprochen und erläutert, eine gute Gelegenheit, ins Gespräch miteinander zu kommen.
Ebenfalls beschäftigt mich die „letzte Meile“, also die Frage, wie bekomme ich die Menschen von zuhause zur Bushaltestelle, der ÖPNV ab Trierer Straße in die Stadt ist ja wirklich gut. Nicht alles ist leider immer sofort lösbar, aber wir machen uns in der Bezirksvertretung hierzu Gedanken.
Ein kurzer Ausblick: Was sind Ihre Hoffnungen für dieses Jahr im Hinblick auf eine schwierige Stimmungslage im Land?
P. Tillmanns: Für Brand wünsche ich mir in diesen turbulenten Zeiten ehrlich gesagt vor allem eins: Normalität. All das kann in schwierigen Zeiten helfen. Weiterhin, das war der bestimmende Teil meiner Neujahrsrede, wünsche ich mir Solidarität und Gemeinschaft. Mit Sorge blicke ich auf die schnelllebige Zeit, die eine immer weitere Individualisierung mit sich bringt. Ist das der Weg unserer Gesellschaft? Funktioniert so Zusammenleben, wenn jeder (fast) nur noch auf sich schaut? Ich glaube nicht. Hier ist Brand mit seinen Vereinen, Pfarre, Politik, Bürgerverein noch gut aufgestellt, aber hinter der Fassade bröckelt es. Es sind die klassischen Probleme, Nachwuchs in den Vereinen und Vorständen zu finden und Menschen für eine ehrenamtliche Tätigkeit zu begeistern. Brand ist sicherlich kein Mikrokosmos und auch all diese allgemeinen Entwicklungen werden uns treffen, nur vielleicht etwas später. Wir müssen vorbereitet sein, und das sind wir!
Red. / Foto: Wolfgang Sanders